Europäische Wirtschaftspolitik sozial und gerecht gestalten!

Eine große Mehrheit der Europaabgeordneten hat für den Bericht zur Ausrichtung der europäischen Wirtschaftspolitik, dem sogenannten „Europäischen Semester“, gestimmt. Der halbjährliche Bericht zur wirtschaftspolitischen Koordinierung, an dem sich auch die nationalen Reform- und Haushaltspläne ausrichten, ist in den letzten Jahren mehrfach an den ideologischen Grabenkämpfen zwischen konservativen und linken Kräften gescheitert. Das gestrige Ergebnis ist ein hart erkämpfter Kompromiss zwischen den verschiedenen politischen Positionen im Haus, um sicherzustellen, dass das Parlament ein Mitspracherecht bei der Finanzpolitik der EU hat. Dies ist gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Krise entscheidend, da auch die Auszahlung der Gelder aus dem EU-Wiederaufbaufonds mit diesem Mechanismus verknüpft wurde.

Erstmalig spricht sich das Parlament nun gemeinsam für eine Überprüfung und Anpassung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes aus. Dies war bisher für die Konservativen undenkbar. Das in den 1990er Jahren im Rahmenwerk verankerte staatliche Verschuldungsziel von 60% des Bruttoinlandsprodukts stand schon vor der Krise in der Kritik und wird nach der Pandemie nicht mehr haltbar sein. Viele Staaten werden am Ende der Krise das doppelte oder dreifache dieser Quote aufweisen. Gleichzeitig stehen wir in Europa der Herausforderung der digitalen und klimaneutralen Transformation gegenüber, die nur durch eine massive Steigerung privater und öffentlicher Investitionen zu erreichen sein wird. Dies ist mit den gegenwärtigen Rahmenwerk nicht zu leisten.

Meine Rede zu #InvestEU – Europa bekommt mehr Investitionen!

Ein weiterer Erfolg der Sozialdemokrat*innen ist, dass wir in dem Bericht erstmals die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen und die Europäische Säule der sozialen Rechte als Wegweiser für unsere Wirtschaftspolitik verankern konnten. Denn für uns ist klar, dass Wirtschaftspolitik natürlich dazu beitragen muss, unsere sozialen und ökologischen Zielsetzungen zu erreichen.

Ebenfalls grünes Licht gab es in dieser Woche auch für das InvestEU-Programm. Es soll einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die bestehende Lücke bei öffentlichen und privaten Investitionen abzubauen. Wichtige Projekte für den klimaneutralen und digitalen Wandel in Unternehmen, Regionen und Kommunen sollen mit den Geldern angekurbelt werden. InvestEU gilt als wichtiger Baustein in der EU-Wiederaufbau- und Modernisierungspolitik. Insgesamt soll InvestEU 400 Milliarden Euro mobilisieren, die in der gesamten Europäischen Union im Zeitraum 2021 bis 2027 investiert werden sollen. Das Programm ist Teil des 750 Milliarden Euro schweren EU-Aufbauplans „Next Generation EU“.

Mit den Beschlüssen zum EU-Semester und InvestEU gibt das Europäische Parlament den Startschuss für eine dringend benötigte Reformdebatte über die fiskalische und wirtschaftliche Architektur Europas. Es ist ein klares Signal, dass Europa aus der vergangenen Krise gelernt hat. Statt Austeritätspolitik und unzumutbare Sparzwänge zu propagieren haben nun auch die Konservativen eingesehen, dass wir investieren und den Wiederaufbau Europas sozial und gerecht gestalten müssen.