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Bessere Rechte für MitarbeiterInnen von Online-Plattformen

Da die EU-Kommission bislang untätig geblieben ist, habe ich in Eigeneninitiative eine Richtlinie entworfen, die für die Plattformökonomie arbeits- und sozialrechtliche Standards einfordert und konkret skizziert. Das Ziel: bessere Rechte der dortigen MitarbeiterInnen.

Die sogenannte Plattformökonomie ist bereits ein fester Bestandteil der europäischen Wirtschaft und ihre wirtschaftliche und beschäftigungspolitische Bedeutung wird in Zukunft weiter signifikant zunehmen. Der durch Plattformen generierte Umsatz in der EU betrug 2015 rund 28 Milliarden Euro, doppelt so viel wie noch 2014. Auch wenn die Zahlen über den Umfang weiter stark variieren, geht man davon aus, dass bis zu fünf Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung in Europa schon über eine Plattform Einkommen erzielt haben. Das rasante Anwachsen der Plattformen stellt eine Chance für die europäische Wirtschaft dar und ihr werden hervorragende Entwicklungschancen eingeräumt: Sie ist jung, innovativ, ressourceneffizient, nutzerfreundlich und ermöglicht zudem erhebliche Effizienz- und Produktivitätssteigerungen.

Sozialdumping verhindern

Die höhere Wettbewerbsfähigkeit wird allerdings nicht nur durch eine höhere Flexibilität, neue Formen digitaler Vernetzung und geringere Transaktionskosten erreicht. In vielen Fällen geschieht dies durch eine Abwälzung sozialer Kosten auf die Beschäftigten oder die Gesellschaft sowie durch die Umgehung arbeits- und sozialrechtlicher Standards und gewerblicher Auflagen. Klar ist, Wettbewerbsvorteile der Plattformwirtschaft gegenüber der herkömmlichen Wirtschaft, die auf Sozialdumping und Steuervermeidung beruhen, sind politisch inakzeptabel. Für alle ArbeitnehmerInnen und Selbständige in der Plattformwirtschaft müssen die gleichen tarifrechtlichen, arbeitsrechtlichen und sozialrechtlichen Rechte und Pflichten wie für ArbeitnehmerInnen und Selbstständige in der herkömmlichen Wirtschaft gelten.

Plattformbeschäftigte bisher ohne Schutz

Bislang befinden sich Plattformbeschäftigte häufig in einer schlechteren Position als ihre KollegInnen in der herkömmlichen Wirtschaft. Sie genießen keinen Kündigungsschutz, haben keinen Urlaubsanspruch oder Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, sind häufig nicht in die gesetzlichen Sozialversicherungssysteme eingebunden und werden nicht nach Mindest- oder Tariflohn bezahlt. Das Fehlen von Gewerkschaften oder anderen Organisationsformen, die Marktmacht einiger weniger Plattformen in bestimmten Sektoren und die konstante wirtschaftliche und rechtliche Unsicherheit führen zu massiven Ungleichgewichten. Die geringe Verhandlungsmacht der Arbeitskräfte manifestiert sich in geringen Löhnen und allgemeinen Geschäftsbedingungen der Plattformen, die jegliche soziale Verantwortung an die Arbeitskräfte abgeben.

Es braucht EU-weite Mindeststandards

Es braucht deshalb EU-weite Mindeststandards für den Schutz von Arbeitskräften in der Plattformwirtschaft. Um einen umfassenden Schutz  zu gewährleisten, muss die EU eine Rahmenrichtlinie zur Plattformarbeit erlassen. Das übergeordnete Ziel der von uns Sozialdemokraten vorgeschlagenen Richtlinie ist es, ein Mindestmaß an sozial- und arbeitsrechtlichem Schutz für Arbeitskräfte in der Plattformökonomie sicherzustellen und faire Wettbewerbsbedingungen zwischen der herkömmlichen und traditionellen Wirtschaft zu gewährleisten. Unsere Richtlinie legt Mindeststandards hinsichtlich des anzuwendenden nationalen und europäischen Arbeits- und Sozialrechts in der digitalen Plattformökonomie fest und klärt, wer bei Verstößen dagegen haftbar ist. Zusätzlich schafft sie eine Rechtsgrundlage für die Arbeitskräfte auf Plattformen und soll dafür sorgen, dass alle Beschäftigten im Hinblick auf soziale Rechte, Arbeitsrechte und den Arbeitsschutz mit denen in der herkömmlichen Wirtschaft gleichgestellt werden.

Stichwort: Arbeitsverhältnis oder Selbstständigkeit

MitarbeiterInnen von Online-Plattformen dürfen von diesen nicht länger pauschal als Selbstständige eingestuft werden. Vielmehr soll die bisherige Beweislast umgekehrt werden. Künftig sollen Plattformen wie Uber oder Deliveroo nachweisen, dass sie MitarbeiterInnen nicht abhängig in einem normalen Arbeitsverhältnis beschäftigen. In der Richtlinie werden Funktionen der Plattformen aufgeführt, die als Kriterien für ein plattformbasiertes Arbeiten genutzt werden. Dabei handelt es sich etwa um die Festlegung der Entgelthöhe, die Qualitätskontrolle der Arbeitsergebnisse, die Erstellung von Ratings oder die Abwicklung der Kommunikation. Werden mindestens drei dieser Kriterien erfüllt, kann man von einem normalen Arbeitsverhältnis zwischen der Plattform und der Arbeitskraft ausgehen, mit allen Folgepflichten für den Arbeitgeber.

Stichwort: „Digitale Entsendung“

Hier geht es darum, dass an dem Ort, wo der Arbeitgeber die Leistung empfängt, auch die arbeits- und sozialrechtlichen Ansprüche der Arbeitnehmer wirksam werden. Wird also die Dienstleistung in Deutschland eingekauft, gelten auch das deutsche Sozial- und Arbeitsrecht. Auch dann, wenn der Mitarbeiter an einem Laptop in Bulgarien sitzt. Die vorliegende Richtlinie sieht also eine funktionale Entkoppelung von ‚Arbeitsort‘ und ‚Ort des Leistungsempfangs‘ vor, weil die bisherigen und für die herkömmliche Wirtschaft entwickelten Rahmenbedingungen der Entsendung für die Plattformökonomie ungeeignet sind.