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Wettbewerbspolitik und Green Deal – Zeit zum Wandel

Die Bekämpfung des Klimawandels steht weit oben auf der Prioritätenliste der EU. Europa möchte weltweit Vorreiter sein und bis 2050 zum ersten CO2-neutralen Kontinent der Welt werden. Eine Green-Deal-Strategie wurde bereits auf den Weg gebracht, um gezielt in die Umstellung von Wirtschaft und Industrie zu investieren. Auch wichtige Grundstoffindustrien, wie Stahl, Chemie oder Zement, müssen CO2-frei werden. Die Industrie hat sich bereiterklärt, diesen Weg mitzugehen. Die Stahlbranche möchte beispielsweise mit Hilfe von grünem Wasserstoff, der aus regenerativen Energien CO2-neutral hergestellt werden soll, komplett CO2-freien Stahl herstellen. Dafür werden nicht nur riesige Mengen grünen Wasserstoffs benötigt, sondern auch Investitionen in Milliardenhöhe in Infrastruktur und neue Öfen.

Ohne staatliche Hilfe wird die Industrie diese Umstellung nicht bewältigen können. Insbesondere dann nicht, wenn sie zugleich mit Unternehmen außerhalb der EU konkurrieren muss, die diese Investitionen nicht tätigen und den Stahl so weitaus günstiger und dafür dreckiger produzieren. Nach den geltenden EU-Wettbewerbsregeln sind staatliche Interventionen jedoch verboten. Aus diesem Grund startete die Kommission letztes Jahr ein Konsultationsverfahren unter den betroffenen Branchen, um festzustellen, welche Änderungen des Wettbewerbsrechts nötig wären, um diese schwierige und kostspielige Umstellung zu ermöglichen. 189 Unternehmen haben sich daran beteiligt. Bevor im Sommer ein Bericht veröffentlicht wird, wurden die Ziele und Herausforderungen mit über 600 Expert*innen aus der Politik, Wirtschaft und Wissenschaft im Rahmen einer öffentlichen Konferenz am 4. Februar 2021 diskutiert. (Die Aufnahme der Konferenz ist online abrufbar unter: https://webcast.ec.europa.eu/competition-green-deal-conference)

Veränderte Wettbewerbsregeln sind nötig

Dabei ist eines deutlich geworden: Auch die Wettbewerbspolitik muss sich ändern, um die ambitionierten Klima-Ziele zu erreichen. Um es mit den Worten des sozialdemokratischen Vize-Präsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans, zu sagen: „Dafür brauchen wir klare Wettbewerbsregeln. Wettbewerbsregeln, die an die neuen Realitäten angepasst sind, Regeln für staatliche Beihilfen, die an die neuen Realitäten angepasst sind. Das heißt, wir sollten keine öffentlichen Gelder in Industrien stecken, die verschmutzen, die erheblichen Schaden anrichten. Das würde dem zuwiderlaufen, was wir im Europäischen Rat vereinbart haben. Und wir sollten es einfacher machen, in diese Transformation zu investieren. Das ist nicht nur eine einfache Investition, sondern eine Investition über lange, lange Zeiträume. Ich weiß, dass der Beitrag des öffentlichen Sektors nur ein kleiner Teil dessen ist, was er sein muss.

Wenn man sich den Investitionsbedarf ansieht, der notwendig sein wird – in Billionenhöhe -, dann ist das natürlich nicht etwas, was der öffentliche Sektor allein tun kann. Aber wir können die richtigen Bedingungen dafür organisieren, wir können öffentliche Mittel mobilisieren, um sie in die richtige Richtung zu lenken, und das könnte hoffentlich auch einen Katalysatoreffekt für private Investoren erzeugen.“

Ich hoffe, dass diese Überzeugung auch die Wettbewerbs-Kommissarin Margrethe Verstager teilt und rasch entsprechende Vorschläge präsentiert wird. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Die Sozialdemokrat*innen im Europäischen Parlament werden mit Argusaugen die künftigen Vorschläge beobachten und sich in die Diskussion einschalten – für die Zukunft unsere Umwelt und unserer Arbeitsplätze in der so wichtigen Grundstoffindustrie.