Politischer Hintergrund: Die polnische Pflegerin im Privathaushalt, der litauische Lkw-Fahrer auf der A2 oder die portugiesischen Maurer auf der Großbaustelle: Fast eine halbe Million entsandte Arbeitnehmer sind derzeit in Deutschland registriert. Das sind Beschäftigte, die für einen begrenzten Zeitraum in einem anderen Mitgliedstaat der EU im Einsatz sind als in dem Land, in dem sie normalerweise tätig sind.
Das Problem: Die entsandten Arbeitnehmer haben an ihrem temporären Einsatzort nicht die gleichen Rechte wie die dort heimischen Arbeitnehmer. Sie werden oft unter Tarif bezahlt, machen Überstunden und können von heute auf morgen vor die Tür gesetzt werden. Mit der Überarbeitung der Entsenderichtlinie haben wir die Chance, diese Menschen besser zu schützen und den Missbrauch auf dem deutschen Arbeitsmarkt einzudämmen.Um dies zu erreichen wird am 26. September die Kampagne ‚Faire Arbeit für Europa‘ von der SPD-Europa in Brüssel vorgestellt.
Ziele der Sozialdemokraten:
Gerechtigkeit schaffen! Die Löhne und Arbeitsbedingungen für entsandte Beschäftigte sind oft skandalös. Entsendung in ihrer jetzigen Ausgestaltung ist eine Form von Lohn- und Sozialdumping, die deutsches Arbeits-, Sozial- und Tarifrecht in einigen Sektoren schlichtweg untergräbt. Damit muss Schluss sein.
Kriminalität bekämpfen! Verbrecherfirmen nutzen Gesetzes- und Umsetzungslücken aus, um sich auf Kosten der entsandten Beschäftigten skrupellos zu bereichern.
Faire Wettbewerbsbedingungen schaffen! Vor allem kleine und mittlere Unternehmen leiden unter dem Dumping-Wettbewerb. Dabei sind sie unsere wichtigste Quelle von Arbeitsplätzen. Nur ein gerechter Arbeitsmarkt ist ein gesunder Arbeitsmarkt.
Die Europäische Kommission hat am 8. März 2016 einen Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie vorgelegt. Dieser enthält gute Ansätze, kann aber an vielen Stellen noch nachgebessert werden.
Position der Sozialdemokraten: Die EU-Kommission will den Lohnbegriff von „Mindestlohnsätze“ zu „Entlohnung“ ändern. Gut so, denn entsandten Arbeitnehmern müssen so weitaus mehr Lohnbestandteile gezahlt werden. Die Definition der Lohnbestandteile muss aber bei den Mitgliedstaaten liegen. Außerdem dürfen zusätzliche Kosten, die bei einer Entsendung anfallen, nicht vom Lohn abgezogen werden.
Die Auftragsvergabe an ausländische Subunternehmer kann an die gleichen Arbeits- und Entlohnungsbedingungen geknüpft werden, wie sie für inländische Unternehmen gelten. Gut so, denn das führt zu mehr Lohngerechtigkeit!
Entsandte Leiharbeitnehmer sollen wie heimische Leiharbeitnehmern behandelt werde. Gut so, denn so könnten entsandte Leiharbeitnehmer vergleichbare Löhne wie die heimischen Kollegen erhalten.
Nach 24 Monaten soll der entsandte Arbeitnehmer dem vollen Arbeitsrecht des Aufnahmestaates unterliegen. Dieses Zeitfenster ist zu weit gefasst, denn Entsendungen dauern im Schnitt weniger als 4 Monate. Daher fordern wir eine Begrenzung auf maximal 6 Monate.
Verbindliche Tarifverträge sollen auf entsandte Arbeitnehmer in allen Branchen angewandt werden. Wir wollen, dass zusätzlich nicht-allgemeinverbindliche Tarifverträge gelten.
Zeitplan: Die Abstimmung im federführenden EMPL-Ausschuss soll am 16. Oktober stattfinden. Die Behandlung im Plenum sowie die Entscheidung über ein Trilog-Mandat für die Verhandlungen mit Kommission und Rat könnte demnach Ende des Jahres oder Anfang des nächsten Jahres erfolgen.