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Lohngerechtigkeit einfordern und entsandte Arbeitnehmer schützen

Hintergrund: Der Entwurf zur Reform der Entsenderichtlinie wurde von der Kommission im März 2016 veröffentlicht. Bis Mitte Mai haben insgesamt zwölf Parlamentskammern aus elf Mitgliedsstaaten das Gesetzgebungsverfahren ins Stocken gebracht, indem sie die sogenannte „Subsidiaritätsrüge“ eingeleitet haben. Der Vorwurf: Die EU-Kommission überschreitet ihre Kompetenzen, weil es hier vor allem um nationale Zuständigkeit geht.

Trotz der Rüge hat die Kommission im Juli entschieden, an ihrem Vorschlag festzuhalten. Sie argumentiert, dass es sich bei der Kritik der ost- und mitteleuropäischen Staaten sowie Dänemarks nicht um eine genuine Kritik an der Zuständigkeit der EU handelt, sondern vielmehr politische Interessen leitend sind. Es sei klar, dass Probleme bei der Entsendung aufgrund ihres grenzübergreifenden Charakters nur europäisch gelöst werden können.

Position der Sozialdemokraten: Wir setzen uns dafür ein, dass das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ konsequent verfolgt und umgesetzt wird. Europäischer Wettbewerb darf nicht auf Kosten von Lohn- oder Sozialdumping stattfinden. Daher fordern wir unter anderem:

Die Anwendung von regionalen und sektoralen Tarifregelungen oder Betriebsvereinbarungen bei der Entlohnung von entsandten Beschäftigten:

Der bisherige Kommissionsvorschlag sieht vor, dass nur allgemeinverbindliche Tarifverträge unter den Begriff ‚Entlohnung‘ fallen und sich die Mitgliedsstaaten entsprechend nur auf diese stützen und diese zur Anwendung bringen können. Welche Tarifverträge als allgemeingültig gelten, wird in Deutschland vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales festgelegt, das in den vergangenen Jahrzehnten hierbei einer restriktiven Praxis gefolgt ist. Von den rund 73.000 als gültig in das Tarifregister eingetragenen Tarifverträgen sind zurzeit 443 allgemeinverbindlich.

Aus diesem Grund profitiert derzeit nur ein verschwindend geringer Teil der aus anderen EU-Ländern entsandten Arbeitnehmer von den für inländische Beschäftigte gültigen deutschen Tarifregelungen. Deshalb muss die EU-Kommission nachbessern und auch alle regionalen und sektoralen Tarifverträge aufnehmen.

Die Ausweitung der rechtlichen Grundlage der Entsenderichtlinie:

Die Förderung und Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen muss gleichberechtigt mit der Binnenmarktfreiheit zur Interpretation der Rechtsnormen der Entsenderichtlinie herangezogen werden. Die bisherige rechtliche Grundlage hat zu einer einseitigen Auslegung zugunsten der Binnenmarktfreiheit durch den EuGH geführt und dazu beigetragen, dass die in der Richtlinie verankerten Arbeitnehmerrechte sukzessive über die Jahre abgeschwächt wurden.

Die Begrenzung der Entsendedauer auf 6 Monate:

Der Kommissionsvorschlag sieht vor, dass ein entsandter Arbeitnehmer erst nach 24 Monaten dem Recht des Aufnahmestaates unterstellt werden soll. Entsendezeiten von jeweils 6 Monaten können zur Berechnung der 24-Monatsfrist kumuliert werden. Die Begrenzung geht an der Wirklichkeit vorbei und bleibt völlig wirkungslos gegen die Praxis der sogenannten Ketten-Entsendungen. Denn die meisten Entsendungen dauern nur wenige Monate. Durch Baustellenwechsel, Durchtauschen oder Hin- und Herschieben zwischen Doppelfirmen kann die von der Kommission vorgeschlagene Begrenzung leicht umgangen werden.

Zeitplan: Der Bericht zur Reform der Entsenderichtlinie wird seit dem Herbst 2016 mit geteilter Federführung von Sozialdemokraten und Konservativen im Beschäftigungs- und Sozialausschuss verhandelt. Die Abstimmung im Ausschuss ist für die zweite Juliwoche 2017 angekündigt. Ein Termin für die Plenarabstimmung steht noch nicht fest.