Am 25. April stellte die EU-Kommission ihr lang erwartetes und häufig verschobenes Unternehmensrechtspaket (Company Law Package) vor. Die Kommission will mit den neuen Regeln das Gesellschaftsrecht im europäischen Binnenmarkt modernisieren, um Unternehmen grenzüberschreitende Umzüge, Zusammenschlüsse oder Spaltungen zu erleichtern und gleichzeitig rechtlichen Konstrukten zur Steuervermeidung einen Riegel vorzuschieben. Unternehmensgründungen sollen in Zukunft komplett digital möglich sein. Zum Schutz von Arbeitnehmerrechten sowie Gläubiger- und Aktionärsinteressen werden strengere Vorschriften vorgeschlagen.
Keine unkontorllierbare Unternehmensgründung per Mausklick
Eine Unternehmensrechtsreform ist aus Sicht der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament dringend notwendig. Der Kommissionsvorschlag muss jedoch in vielen Bereichen nachjustiert werden, um ihn in eine tatsächlich sozial gerechte Form zu bringen. Es dürfen auf keinen Fall Umgehungsmöglichkeiten von nationalen Sozialstandards geschaffen werden, indem per Mausklick unkontrolliert die jeweils günstigste Rechtsordnung zusammengekauft werden kann.
Vor diesem Hintergrund sehen wir es kritisch, dass der Richtlinienvorschlag bezüglich der Verwendung digitaler Hilfsmittel und Prozesse im Gesellschaftsrecht vorsieht, dass die Mitgliedsstaaten zwingend eine Möglichkeit für die Online-Gründung von Gesellschaften bereitstellen sollen. Einzige Ausnahme: Nur bei einem konkreten Missbrauchsverdacht kann im Einzelfall verlangt werden kann, dass der Gründer vor dem Notar oder einer anderen zuständigen Stelle persönlich erscheint.
Unternehmen dort registrieren, wo sie ökonomisch aktiv sind
Unternehmen müssen dort registriert werden, wo sie den Großteil ihrer Gewinne erwirtschaften. Wenn der Sitz eines Unternehmens verlegt werden soll, muss das triftigere Gründe als reine Steueroptimierung haben. Ein Schritt in die richtige Richtung ist daher, dass die EU-Kommission Regelungen vorschlägt, die ein reines Steuer- und Mitbestimmungsdumping verhindern sollen, in dem ein grenzüberschreitender Rechtsformwechsel grundsätzlich an tatsächliche ökonomische Aktivitäten im Zielland geknüpft wird.
Gesetzlichen Rahmen schaffen für mehr europaweite Mitbestimmung
Vor allem ArbeitnehmerInnen haben ein berechtigtes Schutzinteresse im Falle des Wegzugs von Unternehmen. Es ist die Belegschaft, deren Jobs und Mitspracherechte bei Umstrukturierungen bedroht sind. Viele Großfusionen der letzten Jahre haben gezeigt, dass zu oft die Mitspracherechte der ArbeitnehmerInnen auf der Strecke bleiben. Wenn es größere Mobilität für Unternehmen gibt, benötigt es als Ausgleich einen gesetzlichen Rahmen für europaweite Mitbestimmung von ArbeitnehmerInnen.
Dies ist eine Sache der Fairness, denn bei Unternehmensmobilität geht es immer auch um Arbeitsplätze und Existenzen. Es sollte bei den Mitbestimmungsrechten der ArbeitnehmerInnen eine europaweite Angleichung nach oben erreicht und ein regulatorisches Wettrennen nach unten vermieden werden. Der jetzige Vorschlag ist keineswegs ausreichend, um dem Trend zur Flucht vor stärkeren Mitspracherechten Einhalt zu gebieten.
Mit dem Dossier wird sich federführend der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments befassen. Ein Zeitplan liegt noch nicht vor.