2018 war europapolitisch ein Jahr mit Licht und Schatten. Auf der einen Seite konnten wir wichtige Gesetzgebungen auf den Weg bringen, wie die Neufassung des Gesetzes über die Entsendung von ArbeitnehmerInnen. Jetzt gilt ab dem ersten Tag gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort. Egal aus welchem Mitgliedstaat ein Arbeitnehmer kommt, es gelten die Arbeitsbedingungen am Ort der Leistungserbringung. Dies ist ein wichtiger Schritt gegen unerträgliche Ausbeutung, insbesondere von ArbeitnehmerInnen aus osteuropäischen Staaten sowie auch gegen Lohn- und Sozialdumping in Deutschland.
Und damit das Entsendegesetz tatsächlich durchgesetzt wird, brauchen wir eine länderübergreifend agierende europäische Arbeitsbehörde. Auch diese konnten wir auf den Weg bringen, sie ist aktuell im Gesetzgebungsverfahren von Parlament und Rat der Mitgliedstaaten. Nach jahrelangem Stillstand sind die Reform der Entsenderichtlinie und die Arbeitsbehörde wesentliche Schritte in Richtung eines sozialen Europas.
Aber es gibt auch negative Entwicklungen 2018. Insbesondere der zunehmende Rechtpopulismus und Nationalismus bereitet mir große Sorgen. Der Brexit ist hier nur der traurige Höhepunkt. Die nationalistischen Kräfte glauben wieder, ohne die EU alles besser gestalten zu können. Klein, national oder selbstbestimmt, so lauten die Parolen. Angesichts der geschichtlichen Erfahrungen mit Nationalismus in Europa ist diese Haltung brandgefährlich. Die EU ist das Friedensprojekt nach dem Zweiten Weltkrieg. Dass dies so bleibt, dafür mache ich mich stark.
Zudem ist die Idee, mit einer Rückkehr zum Nationalismus globalen Herausforderungen begegnen zu können, eine realitätsferne Selbstüberschätzung. Natürlich kann und soll nicht jedes politisches Problem durch die EU gelöst werden. Aber bei sämtlichen großen Herausforderungen dieser Welt werden die europäischen Staaten nur dann mitgestalten können, wenn sie gemeinsam handeln. Wer hier auf die nationale Karte setzt, wird nur zum Spielball anderer internationaler Mächte werden.
Und es gilt viele Herausforderungen zu bestehen: Die wirtschaftliche Konkurrenz zu den USA auf der einen und China auf der anderen Seite, die Sicherung des Friedens angesichts einer an nationalen Interessen orientierten Machtpolitik Russlands, die Begrenzung des Klimawandels und schließlich die Bewältigung der zunehmenden Migration, insbesondere die Beseitigung der Ursachen für Flucht und Migration.
2019 wird ein Schicksalsjahr. Es muss uns gelingen, den Trend zum Nationalismus zu stoppen und die politische Gestaltungsfähigkeit der EU zu stärken. Dazu wollen wir die EU inhaltlich grundlegend verändern. Wir brauchen mehr soziale Gerechtigkeit, etwa durch eine angemessene Besteuerung großer internationaler Konzerne und der Internetgiganten. Damit kann auch das Geld eingenommen werden, um die für eine nachhaltige Entwicklung erforderliche Ausweitung der öffentlichen Investitionen finanzieren und genügend Mittel für die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Armut bereitstellen zu können. Und statt europäisch weitere Aufrüstung zu organisieren, brauchen wir eine Friedens- und Sicherheitspolitik, die sich an den Prinzipien sozialdemokratischer Entspannungspolitik orientiert.
Das alles steht am 26. Mai 2019 zur Wahl. Die kommende Europawahl ist eine Richtungswahl. Und sie ist eine entscheidende Wegmarke für die SPD. Wir wollen den Abwärtstrend stoppen und zeigen, dass wir ein gewichtiges Wort bei der Gestaltung der Zukunft mitzureden haben. Gerade in Europa, denn die SPD ist die Friedens- und Europapartei.