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Deutschland sollte wieder Vorreiter in Europa sein

In den Koalitionsverhandlungen mit der Union hat die zukünftige Europapolitik zu Recht einen entscheidenden Stellenwert. Es geht dabei im Kern um die Frage, ob Deutschland endlich wieder eine vorwärtsweisende Rolle einnimmt. Der überall erstarkende Nationalismus bedroht die europäische Integration in ihrer Substanz. Insbesondere der finanzpolitische Kurs von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat in der letzten Legislaturperiode einen großen Flurschaden in der EU angerichtet.

Sondierung mit einigen positiven Punkten

  • Deswegen ist es gut, dass die SPD in den Sondierungsgesprächen hier einige positive Punkte durchsetzen konnte, wie
  • die Absichtserklärung, Investitionen erheblich zu stärken,
  • den Willen, die Unterstützungsmechanismen für in Krisen geratene Mitgliedstaaten in Gemeinschaftsrecht zu überführen und zu einem europäischen Währungsfonds auszubauen,
  • die Befürwortung einer sozialen Mindestsicherung in Europa,
  • die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und -vermeidung durch eine europäische Koordinierung der Unternehmenssteuern sowie eine Finanztransaktionssteuer.

Haftungsverantwortung der EU bei Krisen einfordern

Diese positiven Ansätze reichen aber nicht aus. Sie müssen vielmehr in den jetzigen Koalitionsverhandlungen gefestigt und konkretisiert werden. Denn auch im neuen Sondierungspapier finden sich Passagen, die als Festhalten am alten Schäuble-Kurs interpretiert werden können.

So wird wieder von einer Haftungsverantwortung der Staaten für ihre eigene Finanzpolitik geredet. Um es klar zu sagen: Es geht nicht um den Ausbau der EU zu einer Transferunion und die Belohnung von Mitgliedstaaten, die eine unsolide Finanzpolitik betreiben. Aber man darf sich im Gegenzug auch nicht, wie Schäuble, der Erkenntnis verweigern, dass eine Währungsunion und ein Binnenmarkt die finanz- und wirtschaftspolitischen Handlungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten erheblich beschränken. Deswegen gibt es bei Krisen stets eine gemeinsame Verantwortung der betroffenen Mitgliedstaaten und der EU. Da muss der Koalitionsvertrag deutlich machen, dass Deutschland sich der gemeinsamen Verantwortung stellt und nicht länger den finanzpolitischen Zuchtmeister spielt.

Konkrete Finanzierung für EU-Investitionspolitik sicherstellen

Und ein weiterer Punkt muss im Koalitionsvertrag ergänzt werden. Wer den Übergang zu einer Investitionspolitik befürwortet – und die ist in Europa dringend erforderlich – muss auch Aussagen zur Finanzierung der Investitionen treffen. Das fehlt bisher völlig.