Schwarze Tage für die europäische Demokratie!

Schwarzer TagDer Rat gibt das Spitzenkandidaten-Prinzip auf. Das ist ein herber Rückschlag für alle, die mehr Demokratie wollen. Und zwar auf Jahre hinaus. Das Beharren darauf, nur einen Spitzenkandidaten zu wählen, bedeutet, dass die Wähler entscheiden sollen, wer Kommissionspräsident wird und nicht die Staatschefs in einer geheimen Kungel-Runde. Was würde man in Deutschland sagen, wenn nach der Bundestagswahl die Ministerpräsidenten der Länder im Hinterzimmer darüber entscheiden, welcher ihrer Landesminister KanzlerIn wird? Mehr Demokratie wagen geht anders.

Gleichzeitig ist die Ratsempfehlung ein Kniefall vor den Rechtsaußen in Europa. Insbesondere der ungarische Präsident Orban hat sich vehement gegen Timmermans ausgesprochen, weil dieser konsequent gegen die Verletzung der Rechtstaatlichkeit in Ungarn Front gemacht hat. Obwohl im Rat die notwendige Mehrheit für Timmermans gegeben war, haben Kanzlerin Merkel und Präsident Macron es vorgezogen, sich dem rechten Druck zu beugen.

Erschwerend kommt hinzu, dass mit Ursula von der Leyen auch noch eine deutsche Ministerin vorgeschlagen wurde, die in ihrem Amt keineswegs mit Spitzenleistungen geglänzt hat. Berateraffären, Kostenexplosionen bei der Renovierung der Gorch Fock und eine in manchen Teilen nicht einsatzfähige Bundeswehr gehören zur Bilanz ihrer langjährigen Amtszeit. Sind das die Fähigkeiten, die frau als Chefin der wichtigsten Behörde in der EU braucht?

Der Ehrlichkeit entsprechend muss aber auch festgestellt werden: Eine konservative Mehrheit im Europäischen Parlament hat mit Unterstützung erheblicher Teile der sozialdemokratischen Fraktion im EP dem Postengeschacher im Rat Rückendeckung gegeben. Denn zum Rats-Deal gehörte auch, einen sozialdemokratischen Parlamentspräsidenten zu wählen. In der Logik europäischer Proporze ist damit klar, dass kein Sozialdemokrat Kommissionspräsident werden kann. Nachdem Spitzenkandidat Weber von der CSU sich schon freiwillig dem Rat gebeugt hat, wird damit der zweite aussichtsreiche Spitzenkandidat Frans Timmermans ebenfalls aus dem Rennen genommen. Pöstchen wiegen auch für einige in meiner Fraktion schwerer als demokratische Prinzipien.

Stolz bin ich auf den Widerstand der deutschen Sozialdemokraten im EP. Wir haben uns bis zuletzt geschlossen diesem undemokratischen Spiel widersetzt, sind aber vorerst unterlegen. Aber wir werden den Widerstand nicht aufgeben. Von der Leyen muss im EP gewählt werden, sonst kann sie nicht Kommissionspräsidenten werden. Wir werden versuchen, in den nächsten beiden Wochen bis zur Abstimmung eine Mehrheit gegen sie zu organisieren.