Was bedeutet der Kommissionsvorschlag zum Recovery-Plan?

Der Recovery-Plan (engl. Wiederaufbau) der EU-Kommission wurde mit Spannung erwartet. Als SPD-Europaabgeordnete hatten wir im Vorfeld immer fünf Kriterien genannt, die für uns ein solches Aufbauprogramm ausmachen sollten. Der Kommissionsvorschlag kommt dabei nah an unsere Forderungen und ist ein Spagat zwischen den Forderungen des Parlaments und einem möglichem Kompromiss mit den Mitgliedsstaaten.

Wir hatten gefordert:

  • Die Länder die am stärksten von der Krise betroffen sind und es auch nach der Krise schwerer haben werden wieder auf die Beine zu kommen, müssen besonders unterstützt werden.
  • Die Höhe der Finanzmittel muss der Krise und den Herrausforderungen gerecht werden.
  • Die Gelder müssen als Zuschüsse und nicht bloße Kredite verteilt werden. Der deutsch-französische Vorschlag kann hier Wegweiser sein.
  • Der Recovery-Plan muss über den EU-Haushalt finanziert werden – dazu braucht es im Zweifel eine gemeinsame Geldaufnahme.
  • Auch die Krisenfinanzierung muss sich am europäischen „Green Deal“ orientieren und die Digitalisierung fördern.

Der Vorschlag der EU-Kommission zum Recovery-Plan greift viele Forderungen des Europäischen Parlaments auf und ist richtig dimensioniert, auch wenn Detailfragen offen bleiben. Mit 750 Milliarden Euro soll nach Vorstellung der EU-Kommission die europäische Wirtschaft unterstützt und wieder in Gang gebracht werden. Zwei Drittel davon sollen als nicht zurückzuzahlende Zuwendungen und ein Drittel als Kredite an die Länder gehen, die von der Corona-Krise besonders betroffen sind. Allein Italien soll 81 Milliarden Euro Zuschüsse und rund 90 Milliarden Kredite erhalten, Spanien 77 und 63 Milliarden. Für Deutschland sind 28 Milliarden Euro vorgesehen.

Der Geiz von Kurz und Co. ist eine Farce von Regierungschefs, die sich rechts-konservative Wählerstimmen sichern wollen. Mithaftung auszuschließen, sich aber als Aufseher hervor zutun, ist spätestens seit der Eurokrise des letzten Jahrzehnts überholt. Schämen sollte sich vor allem die niederländische Regierung, die jetzt Solidarität verweigert, aber durch ihre Steuerpolitik Gewinne von Unternehmen aus anderen Staaten abgezogen hat, denen diese Einnahmen in der jetzigen Krise fehlen.

Die Covid19-Pandemie demonstriert den Konstruktionsfehler der europäischen Gemeinschaft deutlicher denn je: Für den langfristigen Erfolg der Währungsunion ist auch eine gemeinsame Fiskalpolitik nötig. Der Wiederaufbau-Plan könnte ein erster Schritt für weitreichende Reformen der EU sein, um als Europa gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Der deutsch-französische Vorschlag gibt Hoffnung, dass die anstehenden Ratspräsidentschaften von Deutschland 2020 und Frankreich 2022 diesen Forderungen folgen. Dazu gehören sowohl neue Finanzinstrumente als auch eine Harmonisierung der Steuerpolitik.