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„Nationalen Flickenteppich vermeiden“ – Vertragsverfahren gegen Deutschland

Die EU-Kommission geht juristisch gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank vor. Dieses hatte vor rund einem Jahr für Wirbel und Applaus von Rechtsaußen gesorgt. Im Kern erklärte sich das Verfassungsgericht damals selbst für zuständig, in Fällen die klar dem europäischen Recht zugeordnet sind. Die Zuständigkeit hierfür liegt nach den EU-Verträgen alleine beim EuGH, entsprechend groß war auch die Kritik am Urteil. Die Kommission hat nun am 9. Juni ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet.

Es ist zu begrüßen, dass die EU-Kommission juristische Klarstellungen anstrebt. Wir brauchen in der Europäischen Union eine einheitliche Auslegung des europäischen Rechts. Und die Zuständigkeit dafür liegt ausschließlich bei dem Europäischen Gerichtshof. Die Zusammenarbeit funktioniert schwer, wenn nationale Gerichte – auch wenn es das Bundesverfassungsgericht ist – die Auslegung europäischen Rechts in die eigene Hand nehmen wollen, obwohl der Europäische Gerichtshof zu dem entsprechenden Sachverhalt schon geurteilt hat.

Dies ist besonders wichtig bei Fragen der europarechtlichen Kompetenzen von unabhängigen europäischen Institutionen. Ein nationaler Flickenteppich von Rechtsauslegungen würde Regierungen wie in Ungarn und Polen, die ihrerseits eine fragwürdige Haltung gegenüber der Rechtsstaatlichkeit an den Tag legen, geradezu einladen, europäisches Recht nach nationalem Gutdünken zu akzeptieren oder zu verwerfen.