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Ein Jahr Krieg in der Ukraine – Diplomatische Initiativen intensivieren

Vor rund einem Jahr begann der völkerrechtswidrige Krieg Russlands gegen die Ukraine. Sah es anfangs nach einem schnellen Sieg Russlands aus, hat sich daraus aktuell ein Stellungs- und Abnutzungskrieg entwickelt. Die bisherige Bilanz ist erschütternd: Hunderttausende Tote auf beiden Seiten, Millionen Menschen auf der Flucht und eine in Teilen völlig zerstörte Infrastruktur.

Die EU und die Nato stehen zur Ukraine und unterstützen mit politischen, militärischen und wirtschaftlichen Hilfen – das ist nach wie vor richtig und wichtig. Bundeskanzler Scholz hat das klare Ziel formuliert, dass Russland den Krieg nicht gewinnen darf – auch das ist nach wie vor richtig, denn ein vollständiger russischer Sieg über die Ukraine würde die Rolle des Völkerrechts massiv schwächen.

„Wir dürfen nicht Kriegspartei werden.“, so lautet die zweite Prämisse, die Olaf Scholz häufig betont. Und man kann sie gar nicht oft genug wiederholen. Angesichts der Schrecken und der grauenhaften Bilder aus der Ukraine wird häufig verdrängt, dass eine weitere Eskalation des Krieges eine reale Gefahr ist. Wenn die NATO oder einzelne Nato-Staaten aktiv zur Kriegspartei würden, wäre selbst der Übergang zu einem dritten Weltkrieg nicht mehr ausgeschlossen. Und dieser Weltkrieg würde diesmal atomar ausgetragen. Ob die NATO zum direkten Beteiligten am Krieg wird, hängt auch von den Waffenlieferungen ab. Eine Lieferung von Kampfflugzeugen oder Mittel- bzw. Langstreckenraketen muss deshalb ausgeschlossen bleiben.

Es muss alles getan werden, um den Krieg in der Ukraine schnellstmöglich zu beenden und um eine weitere Eskalation zu stoppen. Die politische, wirtschaftliche und militärische Unterstützung muss durch verstärkte diplomatische Initiativen ergänzt werden. Häufig wird es so dargestellt, dass die Lage in der Ukraine oder das russische Auftreten Diplomatie verunmöglichen würden, weshalb es auch keine diplomatischen Initiativen gebe. Das ist aber nicht richtig: Andauernde diplomatische Verhandlungen haben vor einem halben Jahr das Getreideabkommen ermöglicht. Es ermöglicht der Ukraine über das ansonsten von Russland kontrollierte Schwarze Meer Getreide zu exportieren. Das Abkommen kam unter der Vermittlung der Türkei und der UN ein halbes Jahr nach Kriegsbeginn zu Stande. Solche „kleinteilige“ Diplomatie kann erweitert werden, etwa um Vereinbarungen zur einer entmilitarisierten Zone um das Atomkraftwerk in Saporischschja.

Am Getreideabkommen sieht man aber auch, dass es Länder und Institutionen braucht, die vermitteln können. Bereits in unserem Aufruf „Die Waffen müssen schweigen!“ vom vergangenen September haben wir nicht nur die EU-Mitgliedstaaten zu neuen diplomatischen Anstrengungen aufgefordert, sondern auch einen Austausch mit bisher neutralen Ländern wie Indonesien, Indien oder Südafrika, aber auch mit China gefordert, um sie für eine Vermittlerrolle zwischen den Kriegsparteien zu gewinnen oder auf russische Regierung Einfluss zu nehmen, damit diese zu Waffenstillstandsverhandlungen bereit ist. Erst kürzlich hat auch der brasilianische Präsident Bereitschaft gezeigt, eine Vermittlerrolle zu übernehmen. China hat auf der Münchener Sicherheitskonferenz einen Friedensplan angekündigt. Es kommt darauf an, derartige Initiativen konstruktiv aufzugreifen und nicht vorschnell zu verdammen.

Anlässlich des Jahrestages des Krieges diskutiere ich beim Friedensforum Delmenhorst über die Logik der Diplomatie und die Folgen aus dem russischen Angriff.

Freitag, 24.02.2023 ab 18:00 Uhr

im Gemeindesaal der Ev.luth. Kirchengemeinde Heilig-Geist-Gemeinde

Deichhorster Straße 5, 27753 Delmenhorst

Zum Thema „1 Jahr Krieg in der Ukraine“ war ich in der vergangenen Woche auch zu Gast bei Phoenix. Das Video kann hier abgerufen werden:

Beitragsbild: Pixabay