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Alte Probleme: EU-Industriestrategie muss erneuert und rasch umgesetzt werden

Die Wirtschaft in der EU ist wegen der Covid-Krise im Jahr 2020 um unglaubliche 6,2% eingebrochen. Das ist stärker als in der Finanzmarktkrise 2009 (-4,5%). Nun gibt es vorsichtige Zeichen der Erholung mit Wachstumsprognosen von 3,7% in 2021 bis 3,9% in 2022. Dennoch sinken private Investitionen weiter. 90% der kleinen und mittleren Unternehmen erlitten erheblich Umsatzeinbußen und stehen vor nie dagewesenen Problemen. Lieferketten werden unterbrochen. Zahlreiche Betriebe müssen in Kurzarbeit gehen – einige auch, weil ihnen nötige Komponenten in der Produktion fehlen.

In März 2020, also schon mitten in der Pandemie, legte die Kommission ihre „Neue Industriestrategie für Europa“ vor. Die Covid-Krise hat aber deren deutliche Mängel aufgezeigt und alte Probleme verstärkt. Sie bietet aber auch die Chance zum Wandel und für einen Neuaufbau unsere Industrie.

In der Plenardebatte zu Überarbeitung der Industriepolitik am 18. März hat die Kommission zwar die Problemfelder für die EU-Industrie richtig benannt, gute und vor allem schnelle Lösungsansätze aber vermissen lassen.

Auch ohne Corona war klar, dass die EU zu stark von Importen abhängig ist. Laut der Kommission ist es insbesondere bei 137 Produkten (6% der EU-Importe) in sensiblen Bereichen der energieintensiven Industrien (Rohstoffe) und Gesundheit (pharmazeutische Inhaltsstoffe) der Fall. Die Hälfte dieser Importe kommt aus China.

Um künftige Lieferengpässe zu verhindern, sollen die Lieferketten auf unterschiedliche Handelspartner aus verschiedenen Weltregionen diversifiziert, Rohstoffe substituiert und stärker recycelt werden.

Die KMUs sollen einfacher an Finanzierungen kommen und bei Insolvenzen besser geschützt werden. Die europäische Wirtschaft soll zudem vor unfairen Preispolitiken und ausländischen Subventionen geschützt werden.

Der große Fokus der Kommission liegt weiterhin auf Digitalisierung und Dekarbonisierung der Industrie, um den Klimawandel zu verlangsamen. Aber mit marktwirtschaftlichen Mechanismen verbunden mit der Hoffnung auf private Investitionen allein wird es nicht zu schaffen sein.

Unsere Industrie wird es ohne gezielte staatliche Unterstützung nicht schaffen, bis 2050 Klimaneutral zu werden und zugleich wettbewerbsfähig zu bleiben. Die EU-Kommission muss das Wettbewerb- und Beihilferecht daher so anpassen, dass Staatsbeihilfen ermöglicht werden, ohne gleich als Wettbewerbsverzerrung eingestuft zu werden. Zugleich muss sie rasch durch einen CO2-Grenzausgleich Umweltdumping verhindern. Nur wenn wir unsere Grundstoffindustrie stärken und ausbauen, werden wir unabhängiger von ausländischen Lieferketten sein und kommende Krisen leichter überstehen.

Wir haben keine Zeit mehr, um uns mit uns selbst zu beschäftigen. Der Klimawandel schreitet voran und die internationale Konkurrenz schläft nicht. Die Kommission muss besser heute als morgen substantielle Gesetzesvorschläge unterbreiten, damit wir als Gesetzgeber einen klaren und verlässlichen rechtlichen Rahmen für die europäische Industrie setzen können. Nur so werden auch private Investitionen angelockt, die uns helfen, die politischen Ziele einer klimaneutralen modernen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft zu erreichen.