Platzhalterbild

Warum ich gegen CETA stimme

Meine Gründe gegen CETA

Dienstag habe ich im Handelsausschuss des EU-Parlaemnts gegen das Handelsabkommen mit Kanada (CETA) gestimmt. Entscheidend war für mich, inwieweit die Forderungen des Beschlusses des SPD-Konvents vom Juli 2016 eingehalten wurden. Wichtig ist für mich aber zudem, inwieweit durch CETA eine neue Gestaltungslogik der Globalisierung durchgesetzt wird, und ob dieses Abkommen auf die veränderten weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Kräfteverschiebungen reagiert.

Denn eins ist sicher. CETA wird nur geringe ökonomische Effekte haben, so sagen es die meisten Studien. Das gilt im Guten wie im Schlechten. Durch das Abkommen wird es weder viele Arbeitsplatz- oder Wachstumsgewinne noch viele Verluste geben. Dementsprechend ist die inhaltliche Substanz für eine Bewertung entscheidend.

Abgleich mit den Forderungen des SPD-Konvents

Der SPD-Konvent hat in dieser Hinsicht wesentliche Eckpunkte beschlossen, die auch durch das erst Ende Oktober nachträglich verabschiedete sogenannte „Gemeinsame Auslegungsinstrument“ und durch die einseitigen Erklärungen nur unzureichend erfüllt worden sind:

Investitionsschutz

Erstmals wird ein internationales Gerichtssystem vereinbart und bekundet, dass beide Partner einen internationalen Handelsgerichtshof anstreben. Allerdings lässt auch das entwickelte Gerichtssystem noch Fragen offen, denn an wichtigen Aspekten des Verhaltenskodex zur Sicherstellung der Unabhängigkeit der Schiedsrichter wird noch gearbeitet. Keiner kennt das Ergebnis. Und es bleibt nach wie vor möglich, dass aufgrund unbestimmter Rechtsbegriffe (etwa „faire und gerechte Behandlung“) Investitionsschutzklagen begründet werden können. Das ist aus meiner Sicht nicht akzeptabel. Mit Kanada allein Investitionsschutz zu vereinbaren halte ich zudem für überflüssig, weil ja alle Vertragspartner  Rechtsstaaten sind. Sinn macht dies nur, wenn wir bei CETA ein Modell entwickeln, das beispielhaft ist für weitere Handelsabkommen mit anderen Ländern. Das ist aber letztlich nicht geglückt.

Arbeitnehmerrechte & Nachhaltigkeit

Im Vergleich zu vielen anderen Handelsabkommen enthält CETA relativ weitreichende Passagen zu Arbeitnehmerrechten, Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Allerdings sind diese Bestimmungen weitgehend unverbindlich. Die Kommission erklärt zwar, einen Sanktionsmechanismus erarbeiten zu wollen. Allerdings ist unklar, wann dieser fertig gestellt sein wird und welche Verbindlichkeit er für CETA erlangt.

Daseinsvorsorge

Es ist nicht über sogenannte Positivlisten festgelegt, welche Dienstleistungsbereiche liberalisiert werden sollen. Deswegen musste die Daseinsvorsorge über sogenannte Negativlisten von der Liberalisierungspflicht ausgenommen werden. Das wirft Probleme auf. Denn es ist nicht eindeutig festgelegt, ob tatsächlich alle Bereiche der Daseinsvorsorge ausgenommen sind. Und die Bereiche der Daseinsvorsorge, die schon früher (teil-)privatisiert wurden, haben zudem einen schwächeren Schutzstandard. Das heißt: Re-Kommunalisierungen oder Re-Verstaatlichungen von einmal privatisierten Bereichen der Daseinsvorsorge können möglicherweise Investitionsschutzklagen zur Folge haben.

CETA – ein fortschrittliches Abkommen?

Sicherlich enthält CETA im Vergleich zu bisherigen Handelsabkommen viele fortschrittliche Elemente. Den alten privaten Schiedsgerichten wird eine Absage erteilt, die Regelungen zum Vorsorgeprinzip weisen über die Bestimmungen der Welthandelsorganisation (WTO) hinaus und auch die im Nachhaltigkeitskapitel formulierten Ansprüche sind weitreichend, wenn auch nicht sanktionsbewehrt.

Dennoch verbleibt CETA in der Linie der bisherigen Globalisierung, die in den letzten Jahrzehnten maßgeblich zur Vertiefung der sozialen Spaltung wie auch zur Zuspitzung ökologischer Probleme beigetragen hat. Der Kern des Abkommens ist die weitere Liberalisierung der Märkte. Deren Segnungen aber auch Belastungen sind höchst ungleich verteilt, ungleich zwischen den beteiligten Regionen wie auch zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Freihandel erzeugt verstärkten Wettbewerb, der häufig ein Kostenwettbewerb ist. In der Konkurrenz werden dann Arbeitskosten und Arbeitnehmerrechte wie auch ökologische und Verbraucherschutzauflagen unter erheblichen Druck geraten, weil sie Kostenfaktoren sind. CETA durchbricht in keinem Segment diese Freihandelslogik.

Eine fortschrittliche Handelspolitik müsste demgegenüber der Verringerung sozialer Spaltung und der Erreichung der Nachhaltigkeitsziele, wie sie von der UN beschlossen wurden, absolute Priorität einräumen. Der Handel in nicht nachhaltig organisierten Bereichen – etwa im Landwirtschaftssektor oder beim Bergbau – müssten in der Folge unterbunden werden. In den Bereichen, die entsprechend der Prioritäten organisiert sind, spricht nichts dagegen, den Handel zu fördern. Zugleich müssten aber umfangreiche strukturpolitische Maßnahmenbündel geschnürt werden, um den unvermeidbaren Strukturwandel sozial und regional abzufedern. Von einer solchen Politik ist CETA weit entfernt.

CETA als Maßnahme gegen drohenden Protektionismus?

Mit dem Wechsel zu Präsident Trump in den USA hat sich die internationale Lage erheblich verändert. Sicherlich ist der Weg, den Trump propagiert, katastrophal. Sollte er den angekündigten Protektionismus wirklich umsetzen, ist eine tiefe weltwirtschaftliche Rezession zu erwarten, die durchaus mit dem Beginn der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts vergleichbar sein wird.

Die Antwort kann aber nicht sein, dass mit CETA ein wenig modifiziert die alte Globalisierungspolitik fortgesetzt wird. Wir brauchen eine grundsätzliche Antwort, welche die Machtverschiebungen in der Weltwirtschaft mit China als neuem Zentrum aufgreift. Dabei muss den Europäern klar sein, dass ihre zwei größten Handelspartner – China und die USA – keineswegs eine Politik freier Märkte betreiben, sondern einseitig ihren Vorteil in der Weltwirtschaft suchen. Beide Weltmächte werden sich nicht durch den Abschluss kleinerer Handelsabkommen beeindrucken lassen.

Die bisherige Handelsordnung in der WTO ist überholt. Stattdessen benötigen wir eine neue Form der Regionalisierung der Weltwirtschaft, wobei die Leitlinie einer neuen Politik die Verwirklichung der UN-Nachhaltigkeitsziele sein sollte. Und parallel geht es um eine Stärkung des europäischen Marktes durch eine Überwindung der wirtschaftlichen Krise in der EU.